Cisa

Autoren: Prof. Dr. Günther Kapfhammer †, Dr. Lothar Bakker

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • In Randnotizen der aus dem Stift Ursberg stammenden Handschrift ’Excerptum ex Gallica Historia’ (um 1135) wird ausführlich von der römischen Belagerung der von schwäbischen Stämmen zwischen Lech und Wertach errichteten Stadt Cisaris, dem späteren Augsburg, berichtet. Die Stadt war demnach nach einem Heiligtum der Göttin Cisa benannt. In dieser Schlacht wurden die Römer vernichtend geschlagen. In der Handschrift werden die Lokalnamen Kriegshaber von einem Griechen Avar, Hafnerberg von einem Militärpräfekt Habe(i)no und Pfersee von einem Militärtribunen Verres (!) abgeleitet. Der Text des 12. Jahrhunderts erweist sich als diffuse Kompilation mit deutlichem Schwerpunkt auf der für die Sagenforschung (Sagen) nicht ungewöhnlichen phantasievollen Ausdeutung nicht mehr verstandener, wohl voralemannischer Lokalnamen. In der Diskussion blieb allein die Göttin Cisa (’dea Ciza’), sicher deswegen, weil Jacob Grimm in seiner ’Deutschen Mythologie’ den ’Werth der merkwürdigen Überlieferung’ ausdrücklich betonte. Ob man an der Stelle des heutigen Kitzenberges bei St. Ulrich und Afra eine alemannische Ziuverehrung (weiblich Cisa?) annehmen kann, ist wissenschaftlich nicht zu belegen. In Augsburg war zumindest seit dem späten Mittelalter ein provinzialrömisches Medusenhaupt bekannt, das in der (heutigen) evangelischen Ulrichskirche eingemauert war.

    Spätestens im 15. Jahrhundert muss es im Rahmen der intensiven Beschäftigung gebildeter Kreise mit der Frühzeit der Stadt Augsburg (Humanismus) zur Kontamination Medusa - Cisa gekommen sein. In Meisterlins Stadtchronik von 1457 wird die heidnische Göttin Cisa abgebildet. Die kolorierte Federzeichnung stammt von Hektor Mülich. Markus Welser beschreibt sie in seiner Chronik in Wort und Bild als die ’groß steinerin Götz, so noch auff heutigen Tage vber dem Thor S. Vlrichs Kirche zu sehen, Cisae Bildnuß seyn soll vnd vor Jaren geweissaget haben’. Das Medusenhaupt befindet sich heute im Römischen Museum. Eine Cisa-Darstellung ist auf der Wetterfahne des Perlachturms zu sehen.

Literatur:

Monumenta Germaniae Historica SS 23, 388-390

Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert 23, 1894

J. Miedel, Augsburgs Namen im Verlauf seiner Geschichte, in: Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg 5, 1916/19, 87 ff.

R. Kohl, Die Augsburger Cisa - eine germanische Göttin?, in: Archiv für Religionswissenschaft 33 (1936), 21 ff.

H. Rosenfeld, Alamannischer Ziu-Kult und SS. Ulrich- und Afra-Verehrung, in: Archiv für Kulturgeschichte 37 (1955), 306 ff.

W. Hübener, Zum römischen und frühmittelalterlichen Augsburg, in: Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 5 (1958), 154 ff.

Corpus signorum Imperii Romani. Deutschland 1/1, 1973, 47 Taf. 43 Nr. 134, 50 Taf. 46 Nr. 150

Augsburg, Geschichte in Bilddokumenten, 1976

Augsburger Stadtsagen, 1985

Karl Schnith, Mittelalterliche Augsburger Gründungslegenden, in: Fälschungen im Mittelalter 1, 1988, 497-517.

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