Bidermann

Musikinstrumenten- und Musikautomatenbauerfamilie

Autoren: Günther Grünsteudel, Dr. Josef Mančal

Stand/Quelle/Datum: 16.11.2011

  • 1) Samuel (I), * um 1540 Ulm, † 7.12.1622 Augsburg. Erreichte durch Heirat 1567 in Augsburg das Bürgerrecht und erwarb sich Ansehen und Wohlstand u. a. durch den Bau von Kleinvirginalen und Orgelwerken (z. B. 1586 für St. Stephan in Konstanz), stellte aber vorzugsweise Musikautomaten her. Automatenvirginale von seiner Hand sind erhalten im Kunsthistorischen Museum in Wien, im Mathematisch-Physikalischen Salon in Dresden sowie im Schlesischen Museum für Kunstgewerbe und Altertümer in Breslau (Letzteres allerdings zur Zeit nicht auffindbar). Als einer der ersten in Augsburg wandte er die Walzenbestechung ("Wellenstecken") für die Steuerung seiner Musikautomaten an, die der Domorganist Erasmus Mayr (um 1545 - 1624) 1576 anhand der Wasserorgel in Tivoli bei Rom studiert und mit nach Augsburg gebracht hatte. Nach dem Tod von Samuel (I) führten seine Söhne 2) und 3) die Werkstatt weiter.


  • 2) Samuel (II), * 1600 Augsburg, † nach 1653 Augsburg. Arbeitete zunächst als Geselle bei Konrad Eisenburger († 1625). Zusammen mit seinem Bruder 3) führte er dann die väterliche Werkstatt bis zu seiner Selbstständigkeit im Jahr 1633 weiter. Größere Orgelwerke von seiner Hand sind nicht bekannt (sie verboten sich während des Dreißigjährigen Krieges von selbst), sondern lediglich kleinerformatige Arbeiten: zwei in "Nähkissen" (Nähkästchen mit aufgesetzten Nadelkissen) eingebaute Automatenvirginale (eines davon vermutlich im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg erhalten) sowie zwei Tische mit "selbstschlagenden Instrumenten", einer für den Innsbrucker Hof und einer für das Augsburger Jesuitenkolleg St. Salvator.


  • 3) Daniel (I), * 1603 Augsburg, † 14.2.1663 Augsburg. Neben seiner Profession als Musikautomatenmacher (selbstständig seit 1633) war er bis 1635 und dann wieder ab 1649 Organist an St. Jakob (aufgrund des Restitutionsedikts waren die evangelischen Kirchen Augsburgs in der Zwischenzeit katholisch). Dieses Amt übernahm nach ihm sein ältester Sohn Daniel (II). 1647-1651 führten Daniel (I) und Samuel (II) mit den Konkurrenten Achilles und Balthasar Langenbucher, denen sie den unbefugten Bau von Musikautomaten und damit Übergriffe in ihr Handwerk vorwarfen, einen langwierigen und letztlich unentschiedenen Rechtsstreit. Ein um 1640 gebautes Virginal (ohne Spielwerk) von Daniel (I) befindet sich in den Städtischen Kunstsammlungen Augsburg.

  • Die Familie Bidermann hat bahnbrechend auf dem Gebiet des Musikautomatenbaus gearbeitet. Die erhaltenen, weitgehend noch funktionierenden Automatenvirginale sind die ersten ihrer Art und geben einen guten klanglichen Eindruck der deutschen Klaviermusik ab etwa 1600. Ein weiteres Virginal ohne Spielwerk (1606) eines Johannes Biedermann befand sich noch 1999 in den Fürstlich Oettingen-Wallerstein'schen Kunstsammlungen, Schloss Harburg. Über seine Biographie ist weiter nichts bekannt, ein Verwandtschaftsverhältnis mit 1) bis 3) wird jedoch vermutet.

Literatur:

Hermann Meyer, Orgeln und Orgelbauer in Oberschwaben, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 54 (1941), 229 f., 247-256

Musik in Bayern, Katalog, 1972, 99 f.

Eva Groiss, Automatophone Musik, in: Die Welt als Uhr, 1980, 127-132

Welt im Umbruch 2, 1981, 63 f., 475-478

Franz Krautwurst / Wolfgang Zorn, Bibliographie des Schrifttums zur Musikgeschichte der Stadt Augsburg, 1989

Die Fugger und die Musik, 1993, 176 f.

Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Personenteil 2, 21999, 1590-1592

The New Grove Dictionary of Music and Musicians 3, 22001, 554 f.