Vogtei

Autor: Prof. Dr. Rolf Kießling

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Die Vogtei über das Hochstift Augsburg samt Stadt lag mit Sicherheit seit 1116 in Händen der Herren von Schwabegg, und noch im ersten Stadtrecht von 1156 war der Vogt, der die Hochgerichtsbarkeit auf den sogenannten drei ’echten Dingen’ jährlich in der Stadt ausübte, eindeutig Funktionsträger des Bischofs. Nach dem Aussterben der Schwabegger 1167 zog Friedrich I. die Vogtei an sich, wodurch der königliche Einfluss gegenüber dem Bischof erheblich gestärkt wurde. Nach einem Zwischenstadium – nach dem Tod Konrads IV. hatte Bischof Hartmann versucht, die Vogtei wieder an sich zu ziehen, und hatte Konradin nur für seine Person mit ihr belehnt, dieser jedoch hatte sie 1268 an Herzog Ludwig von Bayern verpfändet – zog König Rudolf von Habsburg die Stadtvogtei als angebliches Reichsgut an sich und behandelte sie als Teil der ostschwäbischen Reichslandvogtei, wie das Stadtrecht von 1276 zeigt (’des chunges vogt’). In diesem Zusammenhang gelang es der Bürgerschaft, seit 1263 mit Sibot Stolzhirsch und 1281 mit Heinrich Schongauer erstmals den Stadtvogt aus ihren Reihen zu stellen, was freilich nicht die Regel blieb. Seit Ende des 14. Jahrhunderts wurde die Beteiligung der Bürgerschaft bei der Ernennung üblich; mit dem Privileg Kaiser Sigismunds vom 14.3.1426 wurde die Wahl des Land- und Stadtvogts der Stadt zugestanden, wobei die Stadtvogtei und die untere Landvogtei von Gersthofen bis Langweid eine Einheit bildeten. Der südliche Teil, die sogenannte Straßvogtei von Göggingen bis Schwabmünchen im Bereich der Reichsstraße, blieb seit 1336/48 bis zum Ende des Alten Reiches Pfandbesitz des Hochstifts und damit Grundlage für die bischöfliche Territorialhoheit. Der Stadtvogt verlor als städtischer Beamter seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts im Zuge des Ausbaus des Stadtgerichts, dessen Vorsitz er nominell weiterhin innehatte, faktisch an Bedeutung, und dies trotz vergeblicher Versuche von Bischof Peter von Schaumberg 1450-1456, die bischöflichen Rechte an der Vogtei neu zu aktivieren. Er beschränkte seine Kompetenz auf notarielle und exekutive Funktionen, wurde aber weiterhin vom Reichslandvogt mit dem Blutbann belehnt. Die Hochgerichtsstätte befand sich innerhalb der exterritorialen vorderösterreichischen Flur in Kriegshaber. Ihre Vermarkungssteine zeigten nach außen das burgauische und nach innen das reichsstädtische Hoheitswappen.

Literatur:

Pius Dirr, Zur Geschichte der Vogtei an der Straße und des Schwabmünchner Dorfrechts, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg 34 (1908), 133-151

Eugen Liedl, Gerichtsverfassung und Zivilprozeß der freien Reichsstadt Augsburg, 1958

Rolf Kießling, Bürgerliche Gesellschaft und Kirche in Augsburg im Spätmittelalter, 1971, 54-57, 67 f.

Detlev Schröder, Stadt Augsburg, 1975, 51, 57-69, 169, 176

Geschichte der Stadt Augsburg von der Römerzeit bis zur Gegenwart, 21985, 132-140, 146-150 (Wolfram Baer), 140-144 (Rolf Schmidt)

Joachim Jahn, Ostschwäbische Reichslandvogtei und bischöfliche Straßvogtei, in: Historischer Atlas von Bayerisch-Schwaben, 21982 ff., Kt. VI, 14.