Haberstock

Karl, * 19.6.1878 Augsburg, † 6.9.1956 München, Kunsthändler

Autor: Günther Grünsteudel

Stand/Quelle/Datum: 20.1.2012

  • Sohn eines Landwirts. Nach dem Besuch des Gymnasiums bei St. Stephan höhere Handelsschule und Banklehre. 1903 eröffnete er ein Porzellan- und Luxusgeschäft in Würzburg und 1907 eine Galerie in Berlin, wo zunächst vor allem mit Kunst des 19. Jahrhunderts bzw. der Jahrhundertwende handelte. Ab Mitte der 1920er Jahre verlagerte Haberstock, der im Berlin der Zwischenkriegszeit einer der einflussreichsten Kunsthändler war, seinen Schwerpunkt auf die Alten Meister. Im März 1933 trat er in die NSDAP ein und wirkte in der Folge an der nationalsozialistischen Kunstpolitik mit. Ab Mai 1936 intensive Geschäftskontakte zu Hitler, dem er zahlreiche Kunstwerke verkaufte, und zu anderen Nazi-Größen wie Goebbels, Göring oder Bormann. 1938 wurde Haberstock in die 'Kommission zur Verwertung der beschlagnahmten Werke entarteter Kunst' berufen, äußerte - nach eigenem Bekunden - aber Bedenken gegen ihre Verbrennung und schlug (erfolglos) ihre Einlagerung in Museumsdepots vor. Seit 1940 agierte er als einer der Lieferanten für das geplante 'Führermuseum' in Linz und war als solcher vor allem für das Auffinden von Sammlungen im besetzten Frankreich zuständig, nutzte aber auch seinen Einfluss bei Hitler, um sich für eine Reihe von Verfolgten des NS-Regimes einzusetzen. Im Dezember 1943 Austritt aus der NSDAP, worauf er bei den Machthabern in Ungnade fiel. 1949 wurde Haberstock im Spruchkammerverfahren zunächst als Mitläufer eingestuft, von der Berufungskammer dann aber entlastet. 1951 übergab er einen Teil seiner umfangreichen Kunstbibliothek der Stadt Augsburg als Dauerleihgabe. Im September 1957 errichtete seine Witwe Magdalene Haberstock (* 13.9.1892 Berlin, † 21.8.1983 München) seinem letzten Willen gemäß zugunsten der Stadt Augsburg die Karl-und-Magdalene-Haberstock-Stiftung, die zunächst neben der Kunstbibliothek Gemälde des internationalen Barock umfasste, und nach dem Tod der Stifterin um ihren gesamten Nachlass (u. a. weitere Gemälde des 16.-19. Jahrhunderts, Kunsthandwerk, wertvolle Möbel) vermehrt wurde. Die Stiftung wird seit ihrer Gründung von der Stadt Augsburg verwaltet, die damit de facto die Trägerschaft der Sammlung Haberstock übernommen hat. Ausstellung (nur Malerei) im 2. Stock des Schaezlerpalais. Die neuerliche Überprüfung seiner Tätigkeit im Dritten Reich und seines Nachlasses hat ergeben, dass keines der zur Stiftung gehörenden Werke unrechtmäßig erworben wurde.

  • Karl-Haberstock-Straße (1958, Kriegshaber, Amtlicher Stadtplan G 7).

Literatur:

Die Karl-und-Magdalene-Haberstock-Stiftung. Gemälde und Zeichnungen, 1991

Horst Keßler, Die Karl-und-Magdalene-Haberstock-Stiftung in Augsburg, in: Museen im Zwielicht, 22007, 101-118

Ders., Karl Haberstock - umstrittener Kunsthändler und Mäzen, 2008

Ders., Der Kunsthändler als Opportunist - Karl Haberstock im 'Dritten Reich', in: Werke und Werte. Über das Handeln und Sammeln von Kunst im Nationalsozialismus, 2010, 23-40.

Karl Haberstock