Medizinalwesen

Autor: Ute Ecker-Offenhäußer

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Das Medizinalwesen, die Gesamtheit aller Personen und Institutionen, die der Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten sowie der Versorgung hilfsbedürftiger Kranker dienen, entwickelte sich in den Städten als ständisch gestufte Ordnung von Anbietern medizinischer Dienstleistungen mit unterschiedlichem Rang und Sozialprestige. An der Spitze dieses Systems standen seit dem Spätmittelalter die akademisch gebildeten Ärzte. Sie hatten die freie Praxis in der Stadt, einige versorgten im Rahmen der Armenfürsorge die bedürftigen Kranken und standen den städtischen Einrichtungen mit Krankenhauscharakter (Pilgerhaus, Blatterhaus, Spitäler, Lazarette) vor (Stadtarzt). Ihr Tätigkeitsgebiet war die innere Medizin, d. h. sie verordneten innerlich wirkende Medikamente. Ende des 16. Jahrhunderts vereinigten sich die Augsburger Ärzte im Collegium Medicum, das sich zur medizinischen Aufsichtsbehörde mit weitreichendem Einfluss entwickelte. Mit der Institutionalisierung des Collegium Medicum (1582) wurde eine Ordnung erlassen, die die Aufgaben der Ärzte beschreibt; dazu gehörten u. a. Bekämpfung des Kurpfuschertums und Pflege der hippokratischen Lehrmeinung. Nach den Ärzten bildeten die Apotheker (Apotheken) einen wesentlichen Bestandteil des offiziellen Gesundheitssystems. Für Zubereitung und Verkauf der Arzneimittel gab es schon früh entsprechende Apothekenordnungen. Dem Collegium Medicum oblag die Visitation der Apotheken und die Prüfung der angehenden Apotheker. Größer als die Zahl der Ärzte und Apotheker war die der sogenannten Handwerkschirurgen (Bader und Barbiere, Wundärzte), die ebenfalls vom Collegium Medicum überwacht wurden. Ihre Aufgabengebiete reichten von der Körperpflege (Baden, Rasieren, Haareschneiden) bis zur chirurgischen Versorgung von Verletzungen. Die Verwendung innerlich wirkender Medikamente war ihnen bis auf Ausnahmen verboten. Bei schwierigen Geburten mussten die Wundärzte auch den Hebammen zu Hilfe kommen, die die unterste Stufe des autorisierten Heilpersonals bildeten. Erst 1801 kam es unter Joseph Ahorner von Ahornrain, Dekan des Collegium Medicum, zu einer Neuordnung des Medizinalwesens, die bis zum Übergang der Stadt an Bayern (1806) gültig war. Dem offiziellen Gesundheitswesen stand immer auch ein medikales Subsystem gegenüber, in dessen Mittelpunkt unautorisierte Heiler standen: Laienbehandler (Hirten, Schmiede, Scharfrichter, auch Hausväter und -mütter), fahrende Arzneimittelhändler und Quacksalber, die ihre Heilmittel auf Jahrmärkten zum Kauf anboten.

Literatur: