Beisitz

Autoren: Dr. Peter Steuer, Dr. Claudia Kalesse

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Bezeichnung für eine Art minderes Bürgerrecht. Seit dem ausgehendem 14. Jahrhundert unternahm der Rat in Augsburg erhebliche Anstrengungen, Nichtbürger, die ’hie sitzen’, zum formellen Eintritt ins Bürgerrecht zu zwingen, obwohl sie im Regelfall der städtischen Jurisdiktion unterworfen waren und auch zur Steuer herangezogen wurden. Da sich dieses strukturelle Problem trotz harter Sanktionen einer administrativen Lösung entzog, arrangierte man sich mit der gegebenen Situation. Seit 1490 wurde von Beisitzern eine erhöhte Kopfsteuer erhoben, ab 1498 unabhängig vom Hebesatz 120 Pfennige; bei der Vermögenssteuer wurden sie weiterhin wie Bürger behandelt. Seit Ende des 16. Jahrhunderts wurden zunehmend vertraglich Schutz- bzw. Paktgelder vereinbart, die von der Pflicht zur Vermögensdeklaration entbanden. Der Beisitz wurde vom Rat als Durchgangsstation zum Bürgerrecht verstanden und sollte eigentlich nur für wenige Jahre verliehen werden, tatsächlich steuerten einzelne Personen aber zeitlebens als Beisitzer. Sie besaßen eine mindere Rechtsstellung als Bürger, durften regulär in Augsburg keinen Grundbesitz erwerben und kein ’zünftisches’ Gewerbe ausüben, da die Aufnahme in eine Handwerkskorporation, aber auch in die Herren- oder die Kaufleutestube den Besitz des Bürgerrechts voraussetzte. Sie durften aber einer Erwerbstätigkeit nachgehen und waren auch zum Almosen zugelassen. Die Beisitzer erscheinen als extrem heterogene Gruppe, die sich größtenteils aus Vermögenslosen zusammensetzte, die als Hilfskräfte im großgewerblichen Bereich oder in ’freien’ Berufen tätig waren. Daneben lassen sich aber auch Landadelige, Angehörige von Patrizierfamilien anderer Reichsstädte und vor allem auch Kaufleute nachweisen

Literatur:

Ingrid Bátori, Die Reichsstadt Augsburg im 18. Jahrhundert, 1969

Claus-Peter Clasen, Die Augsburger Steuerbücher um 1600, 1976, 47-52

Roland Bettger, Das Handwerk in Augsburg beim Übergang der Stadt an das Königreich Bayern, 1979, 32-35

Bernd Roeck, Eine Stadt in Krieg und Frieden, 1989, 210-215.